BGH – Urteil zu Marions Kochbuch und Fotos
Zu-Eigen-Machen durch die Verwendung fremder Fotos für Rezeptsammlung im Internet
Der Bundesgerichtshof entschied im Jahre 2009, dass der Betreiber der Internet-Rezeptsammlung Chefkoch für Urheberrechtverstöße seiner Nutzer haftet. Dies stellt eine Ausnahme zum Regelfall dar, dass der Betreiber eines Internetportals für fremde Inhalte nicht haftet, wenn er sofort nach Kenntnis die Rechtsverletzung beseitigt.
Geklagt hatte der Speisefotograf und Betreiber der Online-Rezeptsammlung Marions Kochbuch, Folkert Knieper. Seine begehrten Fotografien von Speisen hatte er zusammen mit entsprechenden Rezepten im Internet unter der Adresse marions-kochbuch.de zum kostenlosen Abruf bereitgehalten. Diese Bilder hatten Internet-Nutzer auf die Website chefkoch.de hochgeladen, die ebenfalls eine Rezeptsammlung dort anbietet. Der Fotograf forderte von der Chefkoch GmbH eine Unterlassungserklärung sowie Schadenersatz von der Beklagten und deren Geschäftsführern. Die Chefkoch GmbH löschte die Bilder nach Kenntnis sofort, gab aber keine ausreichende Unterlassungserklärung ab. Marions Kochbuch klagte auf Unterlassung und bekam Recht. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Urteile der Vorinstanzen (BGH, Urteil vom 12. November 2009 – I ZR 166/07 – marions-kochbuch.de).
Marions Kochbuch wehrt sich gegen Bilderverwendung
Gemäß § 19a UrhG steht das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung natürlich alleine dem Urheber zu. Dieses Recht ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Fotograf diese Fotografien bereits auf seiner eigenen Internetseite zuvor öffentlich zugänglich gemacht worden hatte. Zwar haftet ein Portalbetreiber nach den §§ 8 bis 10 TMG für fremde Inhalte grundsätzlich nur eingeschränkt. Die Besonderheit dieses Falles liegt jedoch darin, dass der Portalbetreiber chefkoch.de sich die von den Nutzern hochgeladenen Inhalte samt Bilder zu eigen gemacht hatte und deshalb für diese wie für eigene Inhalte haftet.
Störerhaftung entfällt aufgrund sofortiger Löschung
Eine Störerhaftung des Portalbetreibers Chefkoch.de kam nicht in Betracht. Chefkoch.de hatte die Bilder nämlich sofort nach den Abmahnungen gelöscht. Grundsätzlich kommt eine Haftung eines Portalbetreibers für fremde rechtswidrige Inhalte erst ab dessen Kenntnis in Frage, wenn er auf einen konkreten Hinweis untätig bleibt. Sobald der Plattformbetreiber die rechtswidrigen Inhalte sofort nach Kenntnis löscht, entfällt eine Störerhaftung auf Unterlassung.
Zu eigen machen von fremden Inhalten führte zur Haftung
Im Fall von chefkoch.de bestand jedoch die Besonderheit, dass eine Haftung sogar als Täter bestand. Eine Täterschaft des Portalbetreibers sah der Bundesgerichtshof durch das Zu Eigen Machen der Bilder durch deren werbliche Nutzung. Täter waren natürlich zum einen die Nutzer, die das Bild hochgeladen hatten. Diese waren jedoch nicht greifbar. Chefkoch.de war jedoch selbst wie ein Täter zu behandeln, er sich die Inhalte der Täter zu Eigen gemacht hatte. Ein Zug-Eigen-Machen der Inhalte ergab sich in diesem besonderen Fall aus der gesamten Aufmachung der Inhalte. Der Bundesgerichtshof sah die Grenzen des reinen „user-generated content” als überschritten an. Dabei berücksichtigte er, dass Chefkoch die fremden Inhalte vor der Veröffentlichung redaktionell prüfte und bearbeitete, die Bilder mit einem eigenen Logo versah, sich ein sehr weit reichendes Nutzungsrecht an den Fotos der User einräumen ließ und die Rezepte den „redaktionellen Kerngehalt” der Webseite darstellten.
Zu eigen machen durch Vorprüfung auf Vollständigkeit
Aus dem Leitsatz geht hervor, dass der Bundesgerichtshof eine Haftung nach den allgemeinen Vorschriften bereits dann vorsieht, wenn der Portalbetreiber die eingestellten Inhalte vor ihrer Freischaltung auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft. Diesem Zu-Eigen-Machen schadet es auch nicht, wenn für die Nutzer des Portals erkennbar ist, dass die Bilder ursprünglich nicht vom Portalbetreiber stammen.
Anders hatte der Bundesgerichtshof im Holidaycheck-Urteil („Hotelbewertungsportal“) später entschieden. Dort lag gerade kein Zu-Eigen-Machen vor. Ein Zu-Eigen-Machen lag allerdings beim Urteil des BGH in Sachen klinikbewertungen.de vor.