Darf man den gegnerischen Anwalt bewerten?
Bewertung eines Rechtsanwalts durch den Gegner
Das LG München hat entschieden, dass ein Prozessgegner nicht den gegnerischen Anwalt nicht auf Google bewerten darf. Ein Anwalt darf nicht vom Prozessgegner schlecht bewertet werden, wenn er für den eigenen Mandanten gute Leistungen erbringt.
Ein Anwalt hatte gegen eine Prozessgegnerin geklagt. Zwischen den Parteien bestand zu keinem Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis. Die Beklagte hatte auch zu keinem Zeitpunkt Leistungen des Anwalts in Anspruch genommen oder solche Leistungen angefragt. Die Beklagte kannte den Anwalt aus einem Rechtsstreit. Nach dem Rechtsstreit bewertete die Beklagte den gegnerischen Anwalt mit einer Google 1 Stern Bewertung, die der Anwalt löschen lassen wollte. Die Bewerterin löschte nach einer Abmahnung die Bewertung, gab allerdings keine Unterlassungserklärung ab. Der Anwalt klagte auf Unterlassung.
Bewertung eines Anwalts durch Prozessgegner unzulässig
Zur Recht, so das LG München (Urteil vom 20.11.2019 – 11 O 7732/19). Das Landgericht sah in der Google 1-Stern-Bewertung ohne Text einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Anwalts. Ebenso sah das LG München eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Bei der beanstandeten Google 1-Sterne Bewertung handele es sich zwar um eine Meinungsäußerung. Diese enthalte jedoch einen unwahren Tatsachenkern. Entscheidend sei, wie man die Bewertung verstehen müsse. Zwar könne aufgrund einer Online-Bewertung nicht zwingend von einem Kundenkontakt ausgegangen werden. Dennoch müssten tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungswerte und Bezugspunkte für die Meinungsäußerung gegeben sein (so auch LG Hamburg mit Urteil vom 12.01.2018 – 324 O 63/17 (rechtskräftig).
Negative Bewertung trotz guter Leistung wäre unsinnig.
Darüber hinaus müsste berücksichtigt werden, dass der Kläger eine Anwaltskanzlei sei. Ein Anwalt sei Interessenvertreter seines Mandanten. Der Beruf des Anwalts lasse sachfremde Erwägungen in der Bewertung einfließen, was nicht sein dürfe. So gingen sich informierende Verkehrskreise nicht davon aus, dass der Anwalt vom Prozessgegner bewertet werde, sondern dass es sich hierbei um Mandanten oder Personen mit einer Erfahrungen mit der vom Anwalt handeln würde. Die Erfahrungen als Gegner seien sachfremd und stellten daher eine unwahre Tatsachenbehauptung dar. Des Weiteren tendieren gegnerische Mandanten dazu, den Anwalt negativ zu sehen, insbesondere bei einer eigenen Niederlage. Wäre es zulässig, dass ein Gegner einen Anwalt daraufhin negativ bewertet, würde das zu einer Verzerrung der Bewertungen führen. Für den Betrachter der Bewertungen wäre dann nicht mehr ersichtlich, wie die angebotene Leistung in für ihn relevanter Weise bewertet wurde. Selbst eine gedachte perfekte Kanzlei, die in jedem Fall und ohne Ausnahme bestmöglich für ihre Mandaten tätig wird, liefe dann Gefahr, dass ihr Gesamtbewertungen durch etwaige negative Bewertungen von gegnerischen Parteien insgesamt nur durchschnittlich ist, was dann nicht der Wahrnehmung durch ihre Auftraggeber entsprechen würde. Für eine nach Informationen suchende Person wäre dann nicht mehr ersichtlich, dass die Kanzlei aus Sicht von deren Auftraggebern gute Arbeit leistet.
Bewertung von Anwalt auch nach Google-Richtlinien verboten
Des Weiteren folge das Verbot aus den Google-Richtlinien selbst. Hiernach darf niemand bewerten, der dem Unternehmen voreingenommen (z. B. Konkurrenten) gegenüber steht. Dies ist jedoch bei der gegnerischen Partei immer der Fall, denn diese nimmt die Qualität der erbrachten Leistung des gegnerischen Anwalts anders war wie ein Mandant der Kanzlei. Es handele sich um widerstreitende Interessen, denn es bestünde die konkrete Gefahr, dass von für einen selbst als nachteilig empfundenen Ergebnissen, die für den Mandanten der bewerteten Kanzlei überaus positiv sein können, auf den jeweiligen Prozessvertreter der Gegenseite geschlossen wird. Die stelle einen Interessenkonflikt dar, wie er aus den Google-Richtlinien hervorgeht. Der verständige Betrachter der Google-Bewertung ginge jedoch davon aus, dass die Bewertungen vom eigenen Mandanten stammten.
Kommentierung ist unzumutbar
Auch die Möglichkeit einer Kommentierung der Bewertung führe zu keinem anderen Ergebnis. Mit einer solchen Kommentierung könnte der Kläger zwar den unrichtigen Tatsachenkern richtig stellen. Selbst danach wäre die schlechte Bewertung aber noch präsent und immer noch in den Gesamtdurchschnitt eingerechnet. Sie würde weiter ihre negative Wirkung entfalten. Sie sollten daher Google Rezension löschen lassen und nie kommentieren.
Update: OLG Stuttgart verbietet Bewertung von gegnerischem Anwalt
Auch das OLG Stuttgart (Urteil vom 31.8.2022, 4 U 17/22) hat sich dieser Einschätzung angeschlossen und eine Berufung eines Bewerters zurückgewiesen. Ein Rechtsanwalt hatte von einem Bewerter die Löschung der Google-Bewertung verlangt, weil dieser keiner seiner Mandanten war. Für die Bewertung eines Anwalts sei ein mandatsbezogener geschäftlicher Kontakt Voraussetzung.
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