Spickmich Urteil des BGH
Bundesgerichtshof weist Klage einer Lehrerin gegen spickmich.de ab
Das Lehrer-Bewertungsportal spickmich.de ist rechtlich zulässig. Die Speicherung und Veröffentlichung von Name und Schule der aufgelisteten Lehrer ist datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden.
Eine Deutschlehrerin hatte gegen das Lehrerbewertungsportal spickmich.de auf Unterlassung der Veröffentlichung ihrer dort gespeicherten Daten geklagt. Schüler hatten sie dort bewertet. Sie verlor in sämtlichen Instanzen. Eine Bewertung von Lehrern auf dem Bewertungsportal spickmich.de sei keine Persönlichkeitsverletzung, so der Bundesgerichtshof. Der Persönlichkeitsschutz der Lehrerin sowie ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung mussten somit hinter dem Recht auf freien Meinungsaustausch des Portalbetreibers zurücktreten. Dieses Ergebnis sei allerdings nicht uneingeschränkt auf Bewertungsportale übertragbar, so der BGH in seiner spickmich.de-Entscheidung (BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – VI ZR 196/08 ).
Lehrerin begehrt Löschung ihrer Daten aus Portal
Mit der Klage verlangte die Lehrerin die Löschung der von ihr veröffentlichten Daten und somit die Bewertungsmöglichkeit ihrer Person. Zuvor hatte das LG Köln den Portalbetreiber im Rahmen einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verurteilt, diese Verfügung nach einer mündlichen Verhandlung jedoch aufgehoben. Die Lehrerin verfolgte ihr Unterlassungsbegehren im Hauptsacheverfahren weiter und unterlag dort ebenfalls in beiden Vorinstanzen. Sie stützte ihre Unterlassungsansprüche auf das Bundesdatenschutzgesetz sowie auf eine Verletzung ihrer allgemeinen Persönlichkeitsrecht, so dass ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 BGB analog bestehe.
Nutzung der Daten war zulässig
Zentrale Frage des Rechtsstreits war das Recht auf Kommunikationsfreiheit des Portalbetreibers spickmich, insbesondere, ob das Bewertungsportal die Daten der Lehrerin wie Name und Schule nutzen durfte. Der BGH sah die Nutzung der personenbezogenen Daten der Lehrerin als zulässig an. Zwar stehe der Lehrerin ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu. Die Meinungsfreiheit des Portalbetreibers aus Art. 5 I 1 GG überwog allerdings. Das Bundesdatenschutzgesetz sieht diese umfassende Abwägung vor, die hier zugunsten des Portalbetreibers ausging. Lehrer bewegen sich bei ihrer Berufsausübung in der Sozialsphäre, die weniger geschützt ist als die Privats- oder gar Intimsphäre. Im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ist der Betroffene sozialen Kontakten ausgesetzt und muss sich der Außenwirkung seines Verhaltens bewusst sein. Das gilt auch für Äußerungen während des Unterrichts. Folglich ist auch die Übermittlung der Daten an die User des Portals zulässig. Letztendlich überwogen die Rechte auf Kommunikationsfreiheit und das Informationsinteresse des Portalbetreibers gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Lehrerin. Das Bewertungsforum spickmich.de fiel somit in den Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG.
Anonyme Bewertungen sind zulässig
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Entscheidung war die anonyme Bewertungsmöglichkeit der Lehrerin. Die Schüler mussten sich auf dem Portal zwar registrieren, konnten ihre Bewertungen aber anonym abgeben. Die anonyme Bewertungsmöglichkeit ist laut BGH zulässig, da anonyme Bewertungen dem Internet immanent seien (BGH, Urteil v. 27.03.2007, Az. VI ZR 101/06). Allein die Möglichkeit der anonymen Bewertungen und damit die Gefahr von falschen Angaben ändert an der Zulässigkeit einer solchen Bewertungsfunktion nichts, denn das Recht auf freie Meinungsäußerung ist nicht an eine bestimmte Person gebunden.
Bewertungen waren nicht verletzend
Die generelle Zulässigkeit, Lehrer auf spickmich.de zu bewerten, führt natürlich nicht dazu, dass Schüler ihrer Meinung freien Lauf lassen dürfen. Beleidigungen und Schmähungen bleiben trotz der erlaubten anonymen Bewertungsmöglichkeit nicht zulässig. Der Bundesgerichtshof sah in der Notenbewertung der Lehrerin keine rechtswidrigen Äußerungen, sondern eine zulässige Meinungsäußerung. Textbewertungen sind nicht möglich.
Besonderheit des Lehrerbewertungsportals spickmich.de
Die Grundsätze des Spickmich-Urteils sind nicht uneingeschränkt auf andere Portale übertragbar. Eine Bewertung von beamteten Lehrern kann man juristisch nicht mit der Bewertung von Unternehmen vergleichen. Bei Unternehmen wird durch negative Bewertungen zusätzlich in deren grundrechtlich geschütztes Recht auf Eigentum eingegriffen. Lehrer müssen sich daher mehr bieten lassen als ein Unternehmen, dessen Ansehen in der Öffentlichkeit durch negative Bewertungen massiv gefährdet wird.
Der Bundesgerichtshof unterstrich, dass eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Bewertungen dann umso weniger anzunehmen ist, wie die Bewertungen nicht in allgemeinen Suchmaschinen zu finden seien. Bei Spickmich konnten nur registrierte Schüler die Bewertungen einsehen, und auch nur für eine bestimmte Schule. Auch sei die fehlende Bewertungsmöglichkeit mit Freitexten ein Kriterium. Außerdem gäbe es eine leichte Hinweismöglichkeit mit der Schaltfläche „Hier stimmt was nicht“, über die Unstimmigkeiten mitgeteilt werden können.
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